10.03.2019 Das gemeinsame Ziel erreicht
Kunming – Chuxiong – Dali – Shaxi – Lijiang: Seit dem letzten Blogeintrag war sooo viel los, da bleibt kaum Zeit für die Büroarbeit. Kein Wunder, die Strecke und die Orte sind ganz besonders schön, und nachdem wir uns auch nicht lange aufhalten, gilts die Zeit auszunutzen.
In Kunming haben wir vor der Weiterfahrt noch einen Brückner-Kunden besucht, der eine Anlage betreibt, für deren Bauteilebeschaffung ich 1996 bei Brückner zuständig war. Der Oldtimer läuft immer noch bestens und verschafft dem Betreiber sicher schöne Gewinne. Schön war auch, dass gerade drei meiner Kollegen von Brückner China da waren, um einen Service zu machen. Da war das Hallo groß.
Für die Strecke bis Alt-Dali benötigten wir sechs Tage. Das Höhenprofil zwang uns bergauf bergab zu fahren mit wunderschönen Strecken, aber auch Baustellenabschnitten und vor allem, jeden Tag gegen Mittag kam Gegenwind auf, der zum Teil so böig daherkam, dass man auch bergab in die Pedale treten musste.
Schließlich erreichten wir bei Dali das Südende des Erhai Sees, übersetzt „Ohrensee“, mit seiner kilometerlangen Promenade, die Ibo „das ist ja wie am Genfer See“ bezeichnete. Nach Alt-Dali gings noch um die Ecke, knapp 30 km, und wir checkten im selben Hotel ein wie im letzten Jahr mit der G8-Gruppe.
Ein schöner Abendbummel, viele Erinnerungen wurden aufgefrischt, in Dali waren wir auch schon zum ersten Mal im Jahr 2006.
Am nächsten Tag folgten wir annähernd 30 km der Uferstraße fast bis zum Nordende des Sees zum Ort Xizhouzhen, der auch Anlaufort vieler Touristengruppen ist. Dort trafen wir eine junge Engländerin, die seit einem Jahr – alleine – mit dem Rad von England her unterwegs ist und weiter nach Australien will. Toughes Girl !
Unser Übernachtungsort war Eryuan, zwischen Dali und Shaxi gelegen, das am nächsten Tag unser Ziel war, ja eines unserer Hauptziele in Yunnan. Dazu mussten wir drei Pässe überqueren und noch dazu 30 km „in die falsche Richtung“ fahren. Aber das musste sein.
Shaxi ist ein Dorf mit einem wunderschönen Dorfplatz mit einer großen Linde (oder ist es ein Ginkobaum?). Der Ort liegt am sogenannten „Tea-Horse-Trail“, einer früheren Transportroute von Gütern wie Tee, Salz usw. Und jetzt kommts: Die Bewohner von Shaxi waren zum großen Teil mit diesem Transportgeschäft beschäftigt, es waren sozusagen die „Samer“ von Nord-Yunnan.
Vielleicht liegt uns auch deshalb so viel an diesem zauberhaften und noch unverdorbenen Ort.
Eine weitere „Attraktion“ für uns ist die Bäckerin von der „Universal Bakery“ von Shaxi. Im letzten Jahr hat sie uns supergute Laugensemmeln gebacken, und nachdem wir ja angemeldet waren wurden wir auch heuer mit Laugensemmeln und frischer Butter empfangen. Jetzt wurde auch das Geheimnis gelüftet, die Bäckerin – Xiao Yu – hat bei einem Münchner Bäcker das Backen gelernt, der viele Jahre eine Bäckerei in Dali betrieben hatte.
Wir hatten dann auch einen schönen Abend in einem Lokal am Dorfplatz, in dem der Wirt Gitarre spielte und sein Mädel dazu trommelte bzw. auch sang. Der Höhepunkt für Ibo war dann, gemeinsam mit ihnen „Imagine“ von John Lennon zu singen.
Am nächsten Tag dann fotografieren in und um Shaxi und am Nachmittag waren wir bei Freunden von Xiao Yu zum Grillen eingeladen. Winnie und Thomas (ein pensionierter Zahnarzt aus Los Angeles) wohnen in Hualongcun, einem Dorf gute 2 km entfernt. So nach und nach trafen immer mehr Freunde ein, letztendlich waren wir 14 Leute aus vier Nationen, ein Argentinier, der seit drei Jahren reist, war auch mit seiner schwangeren chinesischen Freundin gekommen. Da heißt es wohl jetzt etwas sesshaft zu werden. Es war eine urgemütliche Grillparty. Winnie ist eine ganz Toughe, die auch ein Haus gleich nebenan redesigned und zum Teil selbst restauriert hat. Thomas, ihr Mann – Mitte 70 – ist ein uriger Typ, total sympatisch und wir hatten ganz nette Unterhaltungen einschließlich Blutdruck messen und Zähnebeschau. Hunde und Katzen waren auch zugegen und schnappten sich ihren Teil vom Grill, und irgendwann holten wir das (Haus)Pferd von der Weide und es marschierte mitten durch die Grillgesellschaft in seinen Stall.
Fleisch – vom eigenen Schwein – gab es in Unmengen, dazu noch Rind und Geflügel, und als es irgendwann nur noch Gänsemägen und Hühnerkrallen gab, waren wir alle satt.
Nochmals danke an die Gastgeber und an Xiao Yu für die Einladung zu diesem herrlichen und angenehmen Grillnachmittag und –abend.
Xiao Yu versorgte uns noch mit ihrem selbstgemischten Müsli und getrockneten Feigen und der Abschied viel schwer. Zumindest am nächsten Morgen genossen wir noch den Dorfplatz bevor wir über die alte Steinbrücke hinausradelten und unseren nächsten Übernachtungsort Jianchuan ansteuerten.
Die Route führte dann weiter Richtung Norden – Ibo’s letzte Tagesetappe – nach Lijiang, einem der berühmtesten Orte Chinas.
Auf 2200 m Höhe gelegen ist Lijiang charakterisiert durch eine Altstadt mit ca. 7000 Holzhäusern und leider inzwischen auch dadurch, dass mindestens die Hälfte davon Souvenirbuden und Fressstände sind und nicht zuletzt auch noch eine große Zahl von Discos und Bars. Ein schriller und lauter Ort, wie es die meisten Chinesen eben lieben. Der Ort steht Yangshuo in nichts nach, ein Rummelplatz halt.
Aber wir haben es geschafft, ganz in der Nähe ein ruhiges Plätzchen zu finden und wie immer an solchen Orten, etwas abseits der Masse lässt es sich aushalten und genießen.
Der Morgenspaziergang heute zum Black Dragon Pool mit seiner phantastischen Aussicht auf den 5580 m hohen Jadedrachenschneeberg (Yulong Xue Shan) war ganz besonders schön. Da lasse ich jetzt wieder die Bilder sprechen.
Ach ja, Ibo’s Rad ist inzwischen auch eingepackt und auf dem Weg nach Suzhou, wir waren in einem Giant Laden und haben auch gleich noch die ausgeleierten Ritzel und Kette tauschen lassen. Die Aktion war etwas chaotisch, der Radlmechaniker ein Kasperl, aber irgenwann war auch das alles fertig.
Jetzt nagt der Abschiedsschmerz ganz schön, wir waren ein Super Radl-Duo, hatten nicht einmal einen größeren Disput und uns immer bestens ergänzt und verstanden. Ibo, ich danke dir dass du dabei warst, es war ein wunderbar schöner Abschnitt meiner großen Tour und ich freue mich schon jetzt sehr auf den Tag, an dem wir uns irgendwo in Südosteuropa treffen werden, um gemeinsam heimzuradeln.
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Lieber Christoph,
heute habe ich mit Ibo gesprochen, ich war erstaunt, daß die schon seit einer Woche zuhause ist. Und als ich meinte, daß es ja sicher hilfreich war, daß sie ein wenig chinesisch konnte, korrigierte sie mich gleich und sagte, daß sie sich schon gut verständigen kann. Diese Sprache ist wirklich ein böhmisches Dorf für die meisten von uns, aber Sprachen waren für Ingeborg schon immer kein Problem.
Nun hoffen wir ja, daß Du die kalten Tage – wie ich erfuhr – gut überstehst sowie die unschönen Seiten der Reise wieder schnell vergißt! Halt durch und laß Dich nicht entmutigen! Alles Gute wünschen Dir Renate und Ulla
Lieber Christoph, jetzt bist Du ganz auf Dich gestellt – Dein Buddy kümmert sich schon fleissig um Haus und Hof , aber Du wirst sie so manchmal vermissen. Bin sehr gespannt wie sich Deine Solo-Weiterreise so gestaltet. Auf dem Fahrrad bist Du ja ein alter Hase und auf dem Neuland gibt es sicherlich spannende Momente. Von unserer gemeinsamen Reise erinnere ich mich immer noch an Deinen Ausspruch „Do war i mit dem Radl do“. Das kannst Du auf der weiteren Strecke nicht mehr sagen und ich wünsche Dir viel Glück, Gesundheit und Kraft für die nächste Etappe. Liebe Grüße Christel
Hallo Christoph, ich hoffe, daß Du auch ohne Ibo psychisch und physisch weiterhin so gut durchhälst, bis Franz Dir Gesellschaft leisten kann!! Du bewegst Dich ja inzwischen in ganz ordentlichen Höhen und weiterhin phantastischen Landschaften.Wir freuen uns über jede Zeile und jedes Foto von Dir !
Liebe Grüße Eve