Unser neues Radlprojekt: „Hoamzua“ von der Donaumündung flussaufwärts bis Wien und Passau, dann links ab den Inn entlang bis Rosenheim und dann ist es nur noch ein kleiner Schnapper hinauf nach Grainbach/Samerberg.
Am 3.09. gehts los. Ibo’s Akkus sind schon in einem vorbestellten Hotel (Magic Box) in Constanta am Schwarzen Meer. Ich habe mich entschlossen mein so zuverlässiges Reiserad „Velotraum“ wieder zu reaktivieren und ihm einen schönen Ausritt zu gönnen.
Zuerst wollen wir von Constanta 150 km nach Norden zum Donaudelta. Doch wo ist die Mündung? Das Donaudelta erstreckt sich über hunderte Km in Nord-Süd und West-Ost-Ausrichtung. Auf jeden Fall wollen wir der ukrainischen Grenze nicht zu nahe kommen.
Dann folgen wir dem Flussverlauf…. wenn ihr uns auf diesem Blog folgen wollt, schauts immer mal wieder rein, ich werde wieder regelmäßig von unseren Radlabenteuern berichten.
Bis Bald.
Christoph und Ibo
Beitrag 01 (4.09.): Auf geht’s…
Die letzten Tage waren von etwas Aufregung geprägt. Daheim alles niet- und nagelfest machen, unsere Altbaubaustelle unseren Jungen übergeben, wie wird der Transport der Räder klappen, einfach etwas Reisefieber….
Alles hat super geklappt. Transport zum Flughafen durch Felix (danke), einchecken der Räder, Aufenthalt in Istanbul und pünktliche Landung abends in Constanta am Schwarzen Meer. Der Fahrer war da, das Auto etwas zu klein für unsere XXL-Packln, aber solche Widrigkeiten lassen sich leicht lösen. Check in in der Magic Box, einem kleinen Hotel irgendwo in der Stadt, wir wurden von Andreea und ihrem Mann herzlichst empfangen.
Am nächsten Tag war erstmal Radlwerkstatt angesagt, alles wieder zusammenbauen und die Räder mit Luft befüllen. Mittags sind wir schon unterwegs die Stadt erkunden, empfohlen wird der Ovid-Platz im Zentrum, benannt nach Ovid, einem römischen Denker der nach Constanta verbannt wurde weil er mit der Enkeltochter von Augustus ein Techtelmechtel hatte, der Hallodri. Die Julia, sein Gspusi, hams auch verbannt, aber in eine andere Richtung in Europa, nach Irland. Und das alles ohne Internet und Smartphone… da wirds eng.
Ovid, der Denker, denkt wohl über sein Gspusi nach …
Einige nette Lokale rund um den Platz bieten uns schon etwas Urlaubs- und Reisegefühl. So kanns losgehen.
Beitrag 02 (05./6.09.): Erst mal müssen wir zu unserem Tour-Startort ins Donaudelta:
Von Constanta starten wir Richtung Norden, nach Mamaia (Mammamia)… Gräßliche Hotelbauten, vielbefahrene Hauptstraße und … klick mal da drauf, dann auf „Datei downlowden“:
Das geht zwei Tage so, Wind bis zu 45 km/h laut Wetterbericht, gefühlt noch viel mehr. Und das am ersten und zweiten Fahrtag. Da fragt man sich schon ob’s an einem selbst liegt, man ist ja schließlich nicht mehr der Jüngste. Über Navodari, Dacele, Viteazu erreichen wir am ersten Tag den kleinen Ort Baia, mit genau einem Hotel. 75 km. Hier werden wir vom Sohn des Hauses empfangen, ganz geschäftig organisiert er alles für uns und telefoniert auch mit der Mama bezgl. des Abendessens. Wir sind sehr froh dass wir nicht mehr außer Haus müssen, wohin auch.
Murighiol im Donaudelta ist unser nächstes Tagesziel, gute 80 km entfernt. Nach dem Kampf gegen die Windmühlen am ersten Tag frage ich mich schon wie es am zweiten aussieht. Etwas besser, wir wechseln oft die Richtung, bis der Wind das merkt, biegen wir wieder ab uns schlagen ihm so manches Schnippchen. So gelingt es uns hin und wieder gut vorwärts zu kommen. Wir passieren endlose weite Felder mit Getreide, Sonnenblumen, aber auch schon frisch geackerte Felder. Von der Donau noch keine Spur. In den Dörfern befahren wir breite neue Straßen, beidseitig mit völlig unnützen Fussgängerwegen ausgestattet, von großen Schildern lernen wir dass hier die EU ein Dorfentwicklungsprojekt unterstützt. Eins? Nein: Viele …. Vielleicht sollten wir für den Ausbau des (Un)Ebenweges in Grainbach auch mal bei VdL in Brüssel um Unterstützung bitten.
Am 6.09. erreichen wir am späten Nachmittag Murighiol, unsere Pension Le Traian. Wir freuen uns dass wir hier auch ein Abendessen bekommen, so müssen wir nicht mehr außer Haus. Der Wirt organisiert uns auch eine Bootstour ins Donaudelta am nächsten Tag.
Pension La Traian, in Murighiol, die östlichste mit Auto oder Fahrrad erreichbare Stelle im Donaudelta.
Beitrag 03 (7.09.): Mit Florin Schifferl fahren auf der Donau…
Um halb zehn holt uns Florin ab, unser Skipper heute im Donaudelta. Sein Boot fasst etwa 10 Leute, es sind noch Großeltern mit zwei Enkel dabei und eine junge Frau die in Belgien lebt und ihre Eltern in Rumänien besucht.
Die Fahrt dauert drei Stunden, wir starten am südlichen der drei großen Donauarme die 30 oder 40 km weiter östlich ins Schwarze Meer fließen. Florin ist ein lustiger und sehr gschaftiger Guide, wir werden schnell warm mit ihm und finden dass er seine Sache super macht. Mal lässt er es krachen, mal befährt er kleine Seitenarme in langsamen Tempo und er warnt vor Krokodilen als wenn man im Amazonasdschungel unterwegs wäre. Zwischen den Armen weitet sich das Delta in viele Seen, wir fahren in den Uzlinasee und den Clisciovasee, sehen viele viele Vögel: Pelikane, Kormorane, Seeadler, Störche, Schwäne und viele mehr. Wir kommen recht nahe ran, Florin kennt die guten Stellen, sozusagen wie die Schwammerlplätze und, obwohl viele Boote unterwegs, sind kommen sich diese nicht in die Quere. „Spektakel, Spektakel“ ruft Florin wenn sich plötzlich wie auf ein Kommando, hunderte Pelikane in die Luft erheben und im Formationsflug über ihre Sommerresidenz dahinfliegen. Bald werden sie nach Süden aufbrechen.
Wir kehren im Vollgastempo („Formula One“, so die Bemerkung von Florin) nach Murighiol zurück. Ein echt gelungener Ausflug der uns phantastische Eindrücke von dieser riesigen Kulturlandschaft vermittelt hat.
Beitrag 04 (8./9.09.): Von jetzt an geht’s die Donau flussaufwärts: Hoamzua hoit…
Die Landschaft wird etwas abwechslungsreicher. Mehr Kurven, mehr Steigungen, mehr Abfahrten. So richtig prickelnd noch nicht. Aber es ist ein gutes Gefühl voranzukommen. Mittags sind wir in Tulcea, der wichtigsten Stadt in dieser Region, Ausgangspunkt vieler Bootstouren ins Delta. Hier zweigt sich die Donau auch auf in drei Hauptarme. Der nördlichste davon bildet für die letzten 80 oder 100 km die Grenze zur Ukraine. Der mittlere, ist eigentlich ein Kanal der nach Sulina führt, einem kleinen Ort am km „0“ der Donau. Am südlichen haben wir uns herangetastet, soweit es eben ging, nach Murighiol.
Wir radeln auf einen Aussichtsberg, der an die Unabhängigkeit von der sowjetischen Eingliederung erinnern soll.
Ansonsten gibt Tulcea nicht viel her, außer dass große Frachtschiffe die Stadt auf ihrem Weg ins Schwarze Meer passieren.
Unser Übernachtungsstandort liegt 30 km weiter, in Niculitel. Eingecheckt wird wieder beim dieses mal 10 Jahre alten Sohn, müssen wir uns Sorgen machen über Kinderarbeit in der EU?
Total nette Hausleute empfangen uns am Abend als wir von der Ortspizzeria zurückkommen, nach einem netten Schwatz und Austausch fallen wir ins Bett.
Unser Hausherr in Niculitel beim Abschied..
Die weitere Route führt uns nach Braila, einer recht großen Stadt in der Region und vermutlich auch „Kreisstadt“ oder so was ähnlichem.
Wir freuen uns auf die letzten 10 sehr flachen km, und auf eine Fährüberfahrt über die Donau. Denkste! Die Fähre wurde eingestellt, 6 km nördlich führt jetzt eine neue Brücke über die Donau, noch nicht einmal ganz fertig aber schon befahrbar. Aber solche „halbfertigen“ Autobahnen kennen wir ja schon aus China.
Ibo räumt die letzten Absperrungen beiseite…
Wir checken in einem recht alten und wie es so modern heißt, „einem Hotel mit morbidem Charme“ ein. Dem „Porto Franco Residence“. Aber es hat einen sehr angenehmen Laubengarten, die Zimmer sind aus dem letzten Jahrtausend, und es ist gut genug zum Ausruhen.
Beitrag 05 (10.-13.09.): KM fressen und „Wunden lecken“
Wir versuchen früh wegzukommen. Heute ist eine lange Etappe geplant, gute 100 km. Kilometerfressen also, in absoluter Ebene. Insgesamt kommen heute 238 Hm zusammen, also gar nix für die Strecke. Der Gegner heißt wieder einmal Wind. Horsuva ist unser Ziel und wir müssen es erreichen, dazwischen gibt es nur einige Dörfer, ohne Hotels, ohne Kneipen. Mittags finden wir recht spät nur einen Imbissstand an einer Autowerkstätte, alles ziemlich verdreckt, wilde Typen lungern herum und beäugen uns mehr neugierig als misstrauisch. Der Burger war grausig, aber der Hunger hat’n schon neitriebn.
Die letzten 30 km mussten wir dann einer Hauptroute von Bukarest nach Constanta folgen. Entsprechend viel LKW und auch Rückreiseverkehr von Hauptstädtern aus dem Wochenende am Meer. Unschöne 30 km, endlich erreichen wir Horsuva und stehen am gebuchten Hotel vor verschlossener Tür. Ein Nachbar wird aufmerksam, er versucht anzurufen, aber er meinte auch dass das Hotel nur für große Gesellschaften aufmachen würde. Am Donauufer finden wir dann ein recht schönes, vor allem superschön gelegen. Das Portul Dunarii. Die Terrasse liegt unmittelbar an der Donau, hier genießen wir das Abendlicht. Von den unfreundlichen Bedienungen bzw. Wirtsleuten lassen wir uns nicht drausbringen. Die strenge Vorabzahlung vor der Schlüsselübergabe ärgert mich, sehen wir aus wie Zechpreller? Allerdings scheint es solche zu geben, bald gibt es Unruhe und es wird auf der Straße geschlägert, die Polizei muss einschreiten und es scheint tatsächlich jemand nicht bezahlt zu haben.
Horsuva – Cernadova: Wir sind auf die rechte, die südliche Flussseite gewechselt. Auf der anderen wäre es zwar deutlich flacher aber die Straße ist weit weg vom Fluss, wir könnten ihn nie sehen. In einem Dorf bleiben wir vor dem Schulhof stehen und sehen wie am ersten Schultag die Kinder antreten müssen. Ein Vater erklärt uns dass in diesem Dorf überwiegend ethnische Russen leben die in Katharinas Zeiten hier angesiedelt wurden. Auf die Frage wie die Leute zum aktuellen Krieg stehen, hat er allerdings nicht geantwortet.
Kurze Zeit später stürzen fünf Hunde von allen Seiten auf uns zu, wollen offensichtlich ihre Gänseherde beschützen. Dabei haben wir doch keine gestohlen. Ibo sucht das Weite während ich mich auf die Hunde einlasse, vor allem um ein Video zu machen. Während ich von vorne verbellt werde und filme, muss ich mit einem Beim einen besonders frechen abwehren, der sich von hinten an meine Wadl ranmacht. Wirklich gefährlich sind sie nicht, aber lästig ist es schon, wenn einem die Kläffer von allen Seiten nahekommen.
Video: Hab doch keine Gans gestohlen…
Riesige Felder werden von Mähdreschern und Traktoren befahren, die Felder reichen bis zum Horizont, die Bulldogs (das Wort passt irgendwie nicht mehr für so große Hightech-Maschinen) sind etwa so groß wie die der Grainbacher Bauern. Allerdings sind sie hier notwendig, die Flächen sind oft größer als der gesamte Samerberg.
Bergauf, bergab geht’s heute, allmählich wechseln die Getreide- und Sonnenblumenfelder hin zu Weinbergen, ebenfalls riesige Flächen. In Cernadova suchen wir zuerst eine Kneipe, ein kräftigendes Mittagsessen hatten wir noch nicht. Ein Rumäne sitzt am Nebentisch und empfiehlt dann das Hotel seiner Cousine, was für ein Zufall. Es ist dann auch wirklich angenehm und nur 2 km außerhalb.
Unser neuer Bekannter erzählt dann, auf unsere Erkenntnisse dass sich das Land in über 30 Jahren seit der Öffnung nicht wirklich gut entwickelt hat, „wie das läuft hier in Rumänien“. 5% der Menschen sind Millionäre und teilen alles unter sich auf. Die anderen kommen nicht auf die Beine. Korruption gäbe es noch extrem verbreitet und nur wer weiß wie es läuft und entsprechend mitmischt, erreicht etwas. Nebenher erzählt er dass sein 7er BMW ja soviel Steuer kostet in Rumänien und dass er in Düsseldorf in der „Kö“ eine Eigentumswohnung besitzt. Zu welcher Gruppe gehört jetzt unser Freund?
12.09.: Eine lange Etappe steht bevor. Eigentlich soll es bis Silistra gehen, gute 100 km entfernt. Bereits in Bulgarien gelegen. Zuvor bietet sich nicht viel Gutes an zum Übernachten. allerdings sind es dieses mal nicht 200 Höhenmeter sondern gute 1000. Die Strecke ist sehr schön, harte Aufstiege wechseln mit langen schönen Abfahrten ab. Unterwegs sehen wir viele Kirchen und kleine Klöster, manche alt, manche erscheinen wie neu erbaut. Endlich treffen wir auch auf die ersten Radler, die uns entgegenkommen. Christian und Joanna, ein deutsch-französisches Joint-Venture, sind auf großer Tour. Zuerst die Donau hinunter, dann über Bulgarien in die Türkei nach Kappadokien. Wenn es Winter wird wollen sie nach Südostasien rüberspringen und die Wintermonate durch Vietnam, Kambodscha und Thailand radeln. Beneidenswert! Wir wünschen euch beiden eine großartige, unfallfreie Fahrt. Der Spaß und die Freude war euch deutlich anzumerken.
Immer wieder sehen wir die Donau, die bewaldeten Flusslandschaften sind eine Wohltat fürs Auge, verglichen mit den endlosen abgeernteten Feldern. Später werden es Weinberge, teilweise angeordnet wir riesige Amphitheater, blaue Trauben leuchten uns entgegen. Es sind aber kleine Trauben zum Weinen (Wein keltern), weniger zum Essen…
Zum Weinen sind öfters unsere Restaurant-Besuche. Was auch immer auf der Speisekarte steht, das „no have“ auf rumänsich verstehen wir schnell. Meistens gibt es nur Hendl in allen Varianten, mit fetten Pommes, manchmal bekommen wir gute Bratkartöffel dazu. Das alles meist mürrisch und zwider vorgetragen, vielleicht sollten wir uns erst mal entschuldigen dass wir da sind…?
Zwider werde ich auch schnell wenn gegen Nachmittag die Kräfte nachlassen, die Autos immer schneller an einem Vorbeirasen und – wie heute – klar ist, dass wir (ich) das Tagesziel Silistra nicht erreichen. In Ostrova finden wir dann eine Bleibe, in Booking.com recht gelobt. Hier wuseln uns die zahlreichen Haushunde um die Beine, die Wirtin stellt klar dass sie nicht kocht, aber wir sind froh über ein Bett. Einzig der Pool des Hauses ist angenehm und erfrischt uns wieder. Im Dorf finden wir dann doch noch etwas zum Beißen, allerdings am nächsten Morgen nichts zum Frühstücken.
Mit leerem Magen und vor allem ohne Kaffee radeln wir die verbleibenden 13 km nach Silistra, schon in Bulgarien gelegen. Wir beschließen, aufgrund des gestrigen Mammuttages, der mich schon etwas überfordert hat, hier einen Ruhetag einzulegen. Das Danube Hotel ist zwar alt aber gut in Schuss, das Zimmer ausgezeichnet, mal sehen ob die Bulgaren freundlicher sind als die Rumänen… ein Waschtag ist eh auch fällig, einfach abhängen und ausruhen…. und Büroarbeit, an normalen Fahrtagen komme ich nicht dazu diesen Blog zu beschreiben.
Jetzt geht’s erst mal weiter in Bulgarien…
Die rote Route war der Plan, die blaue fahren wir jetzt, sie führt viel näher an der Donau entlang.
18.09.: Zuerst mal eine Klarstellung. Den Kommentaren nach höre ich einiges Bedauern und Trost. Weil offensichtlich meine Berichterstattung eher negativ rüberkommt. Gut, Trost kann man immer brauchen, danke, aber ich möchte klarstellen dass es uns super geht, abgesehen von einigen Druckstellen am Körper, vor allem an denen man drauf sitzt. Ansonsten geht es uns super. Wir erkunden fremde Länder, fremde Kulturen, anderes Essen, all das saugen wir auf, manchmal entspricht es halt nicht unseren Maßstäben, wir genießen es trotzdem. Und schönreden liegt mir nicht. Es ist wie es ist. Also, alles gut.
Beitrag 06: 13.09. – 18.09.:
„Sog amoi Wrdlprmpfd…“ (frei nach Karl Valentin). Was Buchstaben so auslösen können.
Jetzt kommen uns die Buchstabenfolgen der rumänischen Sprache schon „spanisch“ vor. Und jetzt auch noch die fremdartigen des kyrillischen Alphabetes in Bulgarien. Unser lieber Freund Otto Kronsteiner – emeritierter Professor für Slawische Sprachen – hat sich doch erdreistet kurz vor der Aufnahme von Bulgarien in die EU zu verlangen, dass die Bulgaren sich dann doch auch des in der EU üblichen Alphabets bedienen sollten. Leider konnte er sich nicht durchsetzen, und so müssen Ibo und ich uns auch noch mit diesen fremdartigen Zeichen herumschlagen. Für Otto hatte das auch noch die Konsequenz, dass ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Sofia aberkannt wurde. Und die Bulgaren wurden trotzdem in die EU aufgenommen.
Silistra war eine schöne Abwechslung. Das Zimmer war klasse, alles gut in Schuss gehalten in dem alten Laden. Die Rezeptionistin wollte zuerst zicken und uns drei Stunden bis zum Einchecken warten lassen. „You can check in at 14:00 o’clock.“ Da haben wir gleich mit Abreise gedroht und plötzlich ging‘s schon um 11 Uhr.
Den Stadtrundgang hatten wir zuvor schon auf der Suche nach eine Bäckerei erledigt, die Hitze ließ uns im Zimmer Unterschlupf suchen. Waschen, Blog schreiben, am Abend in einem der vielen Lokale vernünftig Essen und es gab auch noch ein Rock-Live-Konzert am Stadtplatz.
Stimmung am Stadtplatz in Silistra (Bulgarien): Konzert in Silistra
14.09.: Silistra – Tutrakan: Den Entschluss auf die bulgarische Seite zu wechseln, weil wir da ja näher an der Donau sind, habe ich bald bereut. Wieder eine Hauptstraße, wieder viele Berge, wieder wenig Donau zu sehen, näher dran heißt ja nicht auf Sichtweite dran. Es geht nämlich bergauf, bergab, was Ibo schön abwechslungsreich fand, mir jedoch nur eine dieser Richtungen gefiel, nämlich bergab… Inzwischen habe ich nämlich schon festgestellt, dass das Alter auch bei mir Spuren hinterlässt, sowas aber auch. 800 Hm und 80 km am Tag sind bei dem Fahrradgewicht allmählich eine Grenze für mich die ich nicht jeden Tag ausdehnen muss.
So fallen wir – auch – diesen Nachmittag erschöpft ins Bett, in diesem Fall der Pension Boat in einem Dorf namens Tutrakan, direkt an der Donau gelegen. Wenigstens suchen wir uns die Quartiere so aus, dass wir am Feierabend die Donau sehen. Das tägliche Bier zischt heute besonders laut hinunter, am Abend werden wir gut verköstigt und der junge Ober kann sein passables Englisch mit uns vertiefen.
Dass Ibo’s Lattenrost zusammenkracht, dass das Wasser in der Dusche nicht abfließt, sind ja nur Nebensächlichkeiten, davon gibt es täglich einige.
Manche Klöster sind perfekt renoviert.
Mit dem Pferdefuhrwerk beim nächsten Mediamarkt einkaufen.
Hotel „Boat“ direkt am Donauufer.
15.09.: Tutrakan – Russe: Dieser Streckenabschnitt erfordert zwar deutlich weniger Höhenmeter zu bewältigen, aber das Verkehrsaufkommen ist unverändert, steigert sich noch je näher wir an die Grenzstadt Russe (auch Ruse) kommen. Hier ist ein Knotenpunkt einer Hauptroute von Süden nach Bukarest und an der Donau entlang in Ost-West-Richtung, außerdem eine der wenigen Donaubrücken. Über viele hundert km bildet die Donau die Grenze und da macht es schon historisch gesehen Sinn nicht zu viele Übergänge zu haben. Ruse ist eine Stadt mit bewegter Historie und bietet viele – restaurierte – Bauten der Neo- Barock und Neo-Rokoko Zeit aus dem 19. Und 20. Jahrhundert, geschaffen von deutschen und österreichischen Architekten. Deshalb wird die Stadt auch „kleines Wien“ genannt. Alles sehr ansehnlich, uns treiben so menschliche Bedürfnisse wie Hunger und Durst aber schnell in eines der zahlreichen Garten- und Terrassenlokale. Aber auch hier kann man kulturelle Studien betreiben, wie z.B. Leute beobachten (Ibo’s Favorite), Biere probieren (meins), die lokale Küche kosten und einfach ausruhen von den täglichen Strapazen. Aber auch Genugtuung empfinden, wieder eine gscheites Stück hoamzua geschafft zu haben. Der Abend wird etwas abrupt durch ein aufkommendes Gewitter beendet. Unser Hotel Lombardi liegt zwar nur etwa 1 km vom Stadtzentrum entfernt, aber diese Strecke im Gewitterschauer zu radeln, ist einfach a nasse Sach.
Sehenswerte Architektur in Russe.
16.09.: Von Ruse nach Suhaia, wieder auf die rumänische Seite.
Wir rätseln über die weitere Route. Auch die bulgarische Seite führt nicht wirklich an der Donau entlang, so bietet es sich an die schnellere und für ältere Semester einfachere Route zu nehmen. Also, wieder zurück nach Rumänien, sind ja beide in der EU, Grenzkontrollen gibt es trotzdem. Wir sind nicht verdächtig jemanden in die EU zu schleusen, obwohl unsere Radltaschen ziemlich dick daherkommen, so sind wir stets schnell drüben im anderen Land. Das Fandl-wechseln ist auch automatisiert, das jeweilige Fahnenstück wird samt Mast einfach umgesteckt.
Über die Freundschaftsbrücke nach Rumänien
Heute ist ein guter Radltag, zuerst überqueren wir die „Freundschaftsbrücke“, von den Sowjets nach dem Bau in den 50er Jahren so genannt. Es ist eine Stahlfachwerkbrücke über zwei Etagen und 2,8 km Länge. In der unteren fahren die Züge in der oberen die Autos und LKW’s. Für Fahrräder gibt’s keine extra Etage, wir durften oben mitmischen. Die Vororte von Giurgiu, der Stadt auf der rumänischen Seite, durchqueren wir flott, nichts wie raus aus den verkommenen Industrieanlagen, dann fliegen wir durch die freie Landschaft am nördlichen, dem linken Donauufer. Etwa alle 10 km durchfahren wir eines der vielen Straßendörfer, oft km-lang. Viele sind ziemlich verkommen, Jahreszahlen an den Häusern weisen darauf hin dass sie in den 1940 – 1970ern Jahren erbaut wurden. Manche sind schön restauriert aber es gibt auch viele ganz neu erbaute Bungalow-artige Häuser die von protzigen, manchmal vergoldeten geschmiedeten Gartenzäunen geschützt werden.
Disneyland lässt grüßen…
Neben solchen Statussymbolen wechseln sich dann auch dicke SUV’s mit hunderten von Pferden unter der Haube mit 1 PS-Fuhrwerken ab, die uralte klapprige Holzwägen ziehen.
Trotz vorher gesagten Regens bleibt es auf der ganzen Strecke trocken, die Temperaturen sind super und ab und zu streichelt uns sogar etwas Rückenwind.
So erreichen wir schon um 14 Uhr, nach 92 km, unser zuvor identifiziertes Quartier, eine Holzhütte in einem kleinen Campingplatz namens Edelweiss. Ein älteres Paar betreibt die kleine Anlage mit viel Liebe und Sorgfalt. Hier funktioniert erstmals alles. Eine richtige Glampinghütte wie es auf neudeutsch heißt und wie es der Internet-Auftritt dieses Platzes auch ankündigt. Das Wort Glamping wird aus den beiden Wörtern Glamour und Camping gebildet.
Die Wirtin bekocht uns am Abend mit einem Drei-Gänge-Menü, mit Sliwowitz rutscht das üppige Essen magenschonend hinunter. Am Platz treffen wir auch ein schottisches Paar in den Mid-Fünfzigern. Sie haben zuhause ihr Zuhause verkauft und wollen mit einem Pickup mit Tischerkabine fünf Jahre durch die Welt reisen. Sie sind zuerst hier in Südosteuropa unterwegs, als Testfahrt sozusagen, im nächsten Jahr soll es über Island nach Kanada gehen dann den ganzen Kontinent hinunter nach Argentinien. Aktuell sind sie bereits mit der Tatsache konfrontiert, dass sie als Nicht (mehr)-EU Menschen sich nur 90 Tage in der EU aufhalten dürfen! Ein Überschreiten dieser Zeit wird sanktioniert, mit 2000 EUR Strafe je Person. Das haben sie jetzt davon, die Engländer. Besonders schade für diese Schotten! Auch unsere beiden Reise-Schotten wollten ja gar nicht austreten.
Man stelle sich das vor: Mitten in Europa, gibt es solche Einschränkungen der Reisefreiheit. Interessant ist allerdings auch, dass sich EU-ler in Großbritannien 180 Tage aufhalten dürfen. Da hat er wohl schlecht verhandelt, der Boris!
Am nächsten Tag gibt’s ein üppiges Frühstück, da sollte es mit den geplanten 115 km klappen. Mit der Rechnung erleben wir eine Überraschung, Geld kennen sie schon die beiden lieben Alten. Jetzt versteh ich dass sie – als ich gleich am Anfang bezahlen wollte – meinte „mit dem Bezahlen solle man sich Zeit lassen“. Die Übernachtung in der Hütte war schon teurer als was wir im Durchschnitt für ein Hotelzimmer zahlen, aber dann kamen 6,50 EUR für jeden drauf, für die „Badbenützung“, einem Holzhäuschen im Garten. Egal, funktioniert hat alles und gemütlich war’s.
17./18.09.: Suhaia – Bechet – Calafat – Vidin
Schon der Tag Ruse nach Suhaia war km-mäßig ergiebig (92 km), aber die beiden Etappen von Suhaia nach Bechet und dann nach Vidin waren mit 123 km und 112 km so richtig zum Vorwärtskommen. 326 km in drei Tagen, inzwischen meide ich soweit es geht Berge und freundlicherweise haben sich die aktuellen Luftströmungen entschlossen uns etwas anzuschieben. Heute haben wir auch den ersten Tausender geknackt!
Die Strecken waren angenehm zu fahren, nicht zu viel Verkehr, nur leicht auf und ab und wie schon erwähnt half der Wind ein bisschen mit. Im Schnitt alle 10 km gings durch Dörfer, manche etwas moderner, die meisten ziemlich alt und rückständig. Man sieht viele alte Menschen, kaum junge, die sind wohl in die neuen Industriezentren um Bukarest oder Sibiu (früher Hermannsstadt) oder Timisoara (früher Temesburg) gezogen, der Arbeit hinterher.
Einige junge Männer gibt’s noch. Die fahren dann mit ihren deutschen (Gebraucht-)Boliden mit Vollgas und über 100 km/h durch die Dörfer um mit ihren PS zu protzen. Viel gejubelt haben die Alten auf ihren Straßenhausbänken aber nicht. Uns winken sie freundlich hinterher.
Es waren drei gute Fahrtage durch die südrumänische Tiefebene mit ihren endlosen Getreide- und Maisfeldern. Morgen geht’s noch ein kurzes Stück durch Bulgarien, dann erstmals hinein nach Serbien. Dann soll der Fahrweg auch sehr nahe an der Donau entlang gehen.
Abendessen bei Bechet am Donauufer.
Alltäglicher Anblick, vieles wird noch mit dem Pferdegespann erledigt.
Wir überqueren einen Nebenfluss der Donau.
Statussymbol Zäune: Wer ko der ko …
Mittagsrast in Rast…
Manchmal reicht auch ein kleiner Imbiss.
Wir überqueren die Donaubrücke von Calafat nach Vidin.
Gute 1000 km durch Rumänien und Bulgarien: Bald erreichen wir Serbien…
Beitrag 07 (19.-24.09): Serbien
Inzwischen haben wir eine Routine entwickelt. Am besten wir nehmen eine Hotelübernachtung mit Frühstück, die sind meistens recht üppig, das gibt Kraft für die Vormittags-km. Wir kommen so zwischen halb neun und neun los und haben dann bis zur Mittagspause etwa zwei Drittel des Tagespensums. So auch heute…
Von Vidin zieht ein langer Berg nach Nordwesten hinauf zum Grenzort Bregovo. Dort reisen wir aus der EU aus, entsprechend wichtig haben‘s die Grenzer, was wird dann erst bei der Einreise? Schau mer amoi.
Negotin ist das erste Städtchen in Serbien, unterstützt von einem Schweizer Serben finden wir den Stadtplatz und ein chinesisches Kaufhaus, „das bekommen sie alles…“ Wir brauchen nämlich Rücklichter, haben wir doch erfahren, dass wir 22 Tunnels durchfahren müssen durchs „Eiserne Tor“, der Region in der die Donau die westlichen Karpatenausläufer durchquert. Natürlich bekommen wir die Leuchten, wie auch die Schweizer wissen, beim Chinesen bekommt man alles.
Das sollte uns weiter begleiten, in fast jedem Dorf findet man einen Chinesen-Laden. Hier wird schnell sichtbar, dass Serbien sehr China-affin ist. In einer Doku habe ich kürzlich gesehen dass Serbien für Belgrad das chinesische Totalüberwachungssystem, beruhend auf Gesichtserkennung, gekauft und installiert hat. Da bin ich gespannt wenn wir nach Belgrad kommen. Um es vorwegzunehmen, da hat uns keiner erkannt. Von Negotin geht’s nach Norden, endlich an die Donau. Erstmals fahren wir so richtig am Ufer entlang. Doch jetzt… keine Straße, ein Feldweg, eingewachsen, sumpfig von letzten Regen. So wollten wir das auch nicht, aber man kann sich nicht alles aussuchen. Es ist auf jeden Fall schön jetzt am Ufer entlang zu fahren. Es geht nur wenige km so, dann erreichen wir wieder die asphaltierte Straße und wir kommen entsprechend gut vorwärts.
Endlich „so richtig“ an der Donau
In Brza Palanka , an einer Wirtschaft mit Campingplatz, kommen wir unter. Was für ein herabgewirtschafteter Laden. Die Türklinken fallen einem entgegen, das komplette Klo kippt bei Gewichtsverlagerung. Die weiteren Mängel zähl ich nicht auf, wir waren ja froh etwas gefunden zu haben, außerdem das Essen war gut, der Wein eh.
Heute dürfen wir endlich auf die berühmteste Strecke, durch das Eiserne Tor, hier durchbricht die Donau die westlichen Karpatenausläufer. Ungefähr 60 km auf einer neuen Straße, führt die Route direkt am Fluss entlang, finanziert von der EU berichtet unser nächster Pensionswirt. Wo wir überall unser Geld abliefern? Sehen konnten wir den Fluss leider wieder nicht gscheit, nur ab und zu durch die Lücken der Stauden und Bäume. Alle zwei km ein Parkplatz, nur Kiesflächen, z.T. vermüllt und auch von hier keine Sicht auf den Fluss. Trotzdem war die serbische Seite besser, wir konnten sehen wie auf der rumänischen sich Laster an Laster reihte. Schön wars trotzdem, die Radel so richtig laufen zu lassen und gut voranzukommen.
Das sieht dann so aus: IMG_4762 Mit Schwung die Donau flussaufwärts
Einzelne Stellen bieten herrliche Ausblicke auf das Eiserne Tor und die Donau
Bei Orsova geht’s um die Ecke, ab hier fließt die Donau Richtung Nordosten, wir radeln also Richtung Südwesten. Wir passieren die engsten Stellen der Donau, sehen die berühmte kleine Kirche, die Mraconia Monastery, an einem Donau-Knick und auch den Decebal-Felsen an einem kleinen Zufluss der Donau. Der Decebalus war ein lokaler Herrscher der gegen die Römer gekämpft hat, die Gallier-vom Balkan sozusagen. Um das Konterfei des Decebalus in den Felsen zu schlagen hat ein Rumäne (Dragan Fecit) zehn Jahre lang (1994 – 2004) mehrere Bildhauer beschäftigt. So entstand mit 55 m Höhe Europas größte Felsskulptur. Da erblasst der Donald Trump sicher vor Neid, der wäre doch so gerne auch am Mt. Rushmore verewigt.
Decebalus … oder doch Trump?
Mraconia-Kirche am Donauknick
Bei diesem Streckenabschnitt handelt es sich um eine der berühmtesten Gegenden an der Donau, trotzdem gibt es kaum Restaurants unterwegs und schon gar keine kleinen Läden. Einerseits auch gut wenn’s weniger entwickelt ist, andererseits, wenn der Durscht den einsamen Radler plagt. In Donji Milanovac kommen wir in der Pension eines ganz lieben Paares unter, die uns sehr verwöhnen und wir können eine ganze Wohnung für uns nutzen. Sogar das CL-Spiel der Bayern gegen Manu wird übertragen, was für ein Service.
Fast noch schöner ist der Streckenabschnitt von Milanovac nach Ram. Die Donau ist über viele km aufgestaut, von einem Staudamm unterhalb des Eisernen Tores ist mehr als 100 km flussabwärts. So entsteht, vor den Bergen, wo sie noch Platz hat riesige Seenlandschaft, man fühlt sich wie an einem Meer. Die Sonne glitzert auf dem Wasser, es sieht aus wie ein silberner See, und ein Abschnitt heißt auch Silbersee. Bei Golubac, an den Ufern des Silbersees , steht eine große Burganlage, offensichtlich ein beliebtes Ziel, wenn man die vielen Autos hier sieht.
Burganlage bei Golubac
Leider auch Tatsache am Silbersee/Donau: Unmengen Müll und Plastik werden angeschwemmt; wäre es nicht eine einfache Übung hier mal Müll zu fischen?
Wir durchqueren den Burgberg durch einen Tunnel und können die beeindruckende Anlage noch viele km sehen. Am Nachmittag wird der Wind stärker und stärker, heute schiebt er uns, auch mal ein ganz gutes Gefühl. So sind wir bald im kleinen Ort Ram, wo diese Straße endet. Wer hierherkommt muss weiter auf eine Fähre, alle zwei Stunden fährt eine. Für uns passt es perfekt, dass wir die 16-Uhr-Fähre erwischen, alleine die Auffahrt auf die alte Spelunke ist ein Abenteuer. Ein kleines Boot das seitlich angetäut wird schiebt die Pritsche, oder zieht, wie auch immer. Der Wind ist sehr stark, der See schlägt hohe Wellen, die Gischt spritzt aufs Deck, wir bekommen einiges geboten.
In einem großen Bogen schleppt uns der Kahn in eine Bucht am anderen Ufer, einem Ort namens Banatska Palanka. Von der Fähre sehen wir gleich eine ansehnliche Wirtschaft, unserer Einkehr heute Abend. Wein. Bier und Essen sind gut, wir treffen zwei Entgegen-Radler, Silvio und Alex aus der Schweiz… in etwa unsere Semester. Die beiden haben schon eine kleine Odyssee hinter sich, mit dem Zug von der Schweiz nach Kroatien war offensichtlich nicht einfach, mit dem Gipfel, dass sie in Salzburg aus dem Zug verwiesen wurden weil die Räder nicht ordnungsgemäß verpackt waren. Auch des ist möglich in Mitteleuropa. Aber wir haben uns nett unterhalten und hoffen, dass die beiden die rumänischen und bulgarischen Schnellstraßen „gut abkönnen“. Silvio, Alex, meldet euch mal über meine Webseite…
In den letzten sieben Tagen haben wir so richtig Gas gegeben. 696 km in sieben Tagen seit Russe. Die nächsten Tage soll‘s etwas „gemütlicher“ werden.
Weiter geht’s auf einem Wiesendamm an einem Donau-Seitenkanal. Hier können wir einige km abkürzen, weiter treibt‘s uns auf einer zunächst wenig befahrenen Straße, je näher wir nach Belgrad kommen umso dichter wird der Verkehr. Da sind wir froh in Pancevo, etwa 20 km vor Belgrad unterzukommen. Eine nette Fussgängerzone bietet uns einen gemütlichen Abend.
Unsere Strategie für Belgrad sieht so aus: Am Morgen reinfahren, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abarbeiten, dann wieder raus und in einem kleineren Vorort übernachten. Das gelingt auch, die Einfahrt klappt gut auf der Busspur einer Quasi-Autobahn, wir steuern gleich die „Saint Sava Cathedral“ an, eine der größten orthodoxen Kirchenbauten des Balkans. Nicht nur die Größe noch viel mehr die Ausstattung beeindruckt. Über und über sind beeindruckende Malereien und Ikonen zu sehen, die Farbe Gold dominiert. Der Kirchenbau wurde 1894 begonnen und ist bis heute nicht fertiggestellt. Die Serben scheinen auch Handwerkerprobleme zu haben.
Kathedrale des Heiligen Sava
Einfach nur prachtvoll…
Die Innenstadt breitet sich einige km weiter auf einer großen Halbinsel aus die von der Donau und der einfließenden Save gebildet wird. Hier dominiert eine große Burganlage deren Ursprünge bis auf die Römerzeit zurückgeht. Für uns sehr angenehm, man kann in alle Burgbereiche mit dem Radl hineinfahren, wir müssen die Räder nicht irgendwo abstellen und unbeaufsichtigt lassen. So gestaltet sich die Burgbesichtigung angenehmer als gedacht, am frühen Nachmittag sind wir bereits wieder unterwegs Richtung Novi Sad. Etwa 25 km nach Belgrad, haben wir ein Quartier gebucht der Weg dorthin führt etwa die Hälfte an einer Promenade entlang, offensichtlich dem Wochenendausflugsziel vieler Hauptstädter.
Übernachtung, Essen und generell der Aufenthalt im Hotel Novella Uno waren gut, für den nächsten Fahrtag nach Novi Sad war allerdings Regen angekündigt. Der hat uns dann auch erstmals etwas heftiger erwischt, die Straßenhunde waren auch gleich etwas ruhiger und suchten Schutz vor dem Regen. So mancher Hundeblick am Wegrand war schon etwas mitleidig, nach dem Motto „bei diesem Wetter jagt man doch keinen Radler auf die Straße“. Immer wieder kommen uns Radlerpartien entgegen, wir sind wahrscheinlich die einzigen die „Hoamzua“ fahren, alle anderen fahren „furt“. Wir treffen u.a. Christopher aus Karlsruhe, auf dem Weg über Istanbul, Schwarzmeerküste nach Georgien und weiter in den Iran. Wenn’s zu kalt wird will er nach Asien weiterfliegen und dort Richtung Philippinen radeln. Eine tolle Unternehmung, alles Gute Christopher, melde dich mal auf meiner Seite.
Interessant auch, dass uns praktisch jeder Radler bzw. jedes Radlerpaar anspricht „wie das denn so wird mit den Straßenhunden in Rumänien. Wie habt ihr das überlebt?“ Nun, wir können alle beruhigen, es ist lästig, nervig, laut, aber letztendlich nicht wirklich gefährlich. Und, es sind nicht etwa die wilden streunenden Hunde, die sind eher duckmäuserisch und scheu, sondern die Wachhunde auf den kleinen Gehöften, denen man nicht zu nahekommen sollte.
So schnell es geht spulen wir die 65 km heute runter, im kleinen Dorf Sremski Karlovci, einem Dorf mit sieben Kirchen und einem ohrenbetäubenden Blechkonzert am frühen Sonntagnachmittag werden wir nochmal richtig begossen, aber als wir im Hotel Mediteraneo in Novi Sad einchecken, scheint schon wieder die Sonne.
Jetzt noch eine Frage für Otto, unserem Balkan-Schriftgelehrten. Soweit wir jetzt durch Serbien fahren sehen wir die Beschriftungen von Ortsnamen, Beschilderungen, auch alle Geschäfte und Firmen in kyrillischem Alphabet. Manche Buchstaben kommen uns aber auch griechisch vor. Wie müssen wir das verstehen? War diese nordöstliche Region mal Bulgarisch?
Novi Sad ist ein eher gemütlicher Ort, mit einer mächtigen Burganlage, die strategisch günstig über der Stadt liegt. Der Stadtplatz ist großzügig, schöne Häuserfassaden und viele viele Lokale locken einen, Platz zu nehmen. Insgesamt erkennen wir einiges aus der österreichisch-ungarischen Herrschaft über Jahrhunderte, Tomaten werden hier Paradeiser genannt, es gibt Apfelstrudel und Palatschinken und die Dorfkirchen haben hohe Türme mit Glockenstühlen.
Unsere Spur durch Serbien
Ca. 1500 km geschafft, gut die Hälfte „hoamzua“.
Fortsetzung folgt….