09.09.2019: Was der Franz dazu meint

2019-09-09 1 Von Christoph

(Beitrag von Franz, auch wenn als Autor oben „Christoph“ genannt ist.

In einigen Tagen geht unsere Fähre nach Griechenland und die lange gemeinsame Reisezeit mit Christoph und später auch Ingeborg neigt sich langsam dem Ende zu.
Was bleibt denn nun nach fast 6000 km gemeinsamem Erleben von Zentral und Kleinasien mit dem Fahrrad ??
Wir waren noch nicht so lange zusammen unterwegs, es war in Kirgistan, als ein Mann mich anhielt und mir die Frage stellte, wo wir denn hinfahren würden. Das war jetzt beileibe nichts ungewöhnliches, aber dann kam die nächste Frage, warum denn um Gottes Willen mit dem Fahrrad, ob wir denn kein Auto hätten ???
Im ersten Moment war ich ein wenig perplex, aber die Frage ist an sich durchaus berechtigt. Die Antwort ist aber im Prinzip klar und einfach:
Erstens natürlich muss Dir Radfahren einfach Spass machen, sonst lässt man´s besser bleiben, es ist nämlich schon anstrengend, abhängig natürlich von der Gegend, es kann durchaus auch frustierende Momente geben angesichts Deiner Langsamkeit und der nachrangigen Stellung im Verkehr. Und die anderen Verkehrsteilnehmer sind beileibe nicht immer rücksichtsvoll…..
Zweitens du brauchst einfach Zeit, am besten viel Zeit, das war bei mir bisher immer der limitierende Faktor für größere Unternehmungen und längere und interessante Strecken, wie zum Beispiel das Pamir.
Der dritte Grund ist, daß es Dir wichtig ist, mit der Bevölkerung vor Ort in Kontakt zu kommen, es darf Dir nicht lästig sein, wenn du angesprochen wirst, bei jeder Gelegenheit fragt einer nach, woher und wohin, die Kinder sowieso und das ständige „Hello“, und „What´s your name“ kann nach Wochen auch den Geduldigsten nerven, aber Kinder sollte man nicht enttäuschen und es ist schön, daß sie Englisch lernen wollen.
Ein intensives Erleben von Land, Natur und Menschen ist jedenfalls gegeben und damit ist diese Art des Reisens etwas Besonderes. Auch die vielen Einladungen, Übernachtungsmöglichkeiten und zum Teil tiefen Einblicke ins Leben der Leute vor Ort haben diese Reise zu etwas Besonderem gemacht.
Also Spass, Zeit und Neugierde auf Land und Leute sind die entscheidenden Gewürze für eine gelungene Radreise. Dazu noch der/die richtigen Reisepartner, aber dazu unten mehr.

Was bleibt sonst nach Abschluß der Reise ??
Zunächst einmal das gute Gefühl, sich einen Lebenstraum erfüllt zu haben und vielleicht auch etwas Ungewöhnliches geschafft zu haben.
Dann die Gewissheit , eines der letzten wilden Paradiese dieser Erde „erfahren„ zu haben, ein gewaltiger und eindrucksvoller Teil der Schöpfung, insbesondere im Pamir-Naturpark und besonders im Bartang Tal. Es war mit Sicherheit das bisher eindrucksvollste Naturerlebnis meines Lebens, die Einsamkeit, die Dimensionen, tagelang praktisch kein Mensch, Du bist angewiesen auf Deine Ausrüstung, Deine Ausdauer, Deine Gesundheit und nicht zuletzt Deinen Reisepartner.
Du wirst demütig und bescheiden, erkennst die Abhängigkeit von den Verhältnissen, vom Wetter, von Flüssen, von Erdrutschen, soviel kann Dein Fortkommen entscheidend beeinflussen. Auch ein Quentchen Glück kann hier manchmal nicht schaden, wie das entscheidende uralte Auto, das Dich im Gewittersturm vor der Passhöhe mitnimmt.

Damit zu einem weiteren , extrem wichtigen Punkt : Der Reisepartner !!
Christoph , Ibo und ich kennen uns zwar seit mehr als 30 Jahren , aber es war ein looser Bekannten-Kontakt, und eine gemeinsame Reise hatten wir noch nie gemacht. Dann traf ich die beiden zufällig vor einem Radgeschäft in Rosenheim und Christoph bot an, bei Interesse könnte ich „ein Stück“ mitfahren. Daß daraus fast 6000 km und 4 Monate werden würden , haben wir damals beide nicht geahnt. Viele hatten Interesse bekundet, am Schluß war ich (neben Joachim ein kurzes Stück) der Einzige.
Ich habe mir die Reiseplanung von Christoph angesehen, insbesondere Zentralasien hat mich gereizt, einige Wochen nachgedacht und geplant für meine Zeiteinteilung (Praxisverkauf !! ) , und natürlich meine über alles geliebte Ehefrau gefragt, auch ungemein wichtig , um nicht zu sagen , das Wichtigste überhaupt, dann rief ich Christoph an und sagte ihm, ich bin dabei, zumindest ein Stück…..
Dazu kam noch, daß einer meiner besten Freunde kurz zuvor mit 59 Jahren starb, Du brauchst also nichts vor Dir her zu schieben, wenn Du die Gelegenheit bekommst, Dir einen Traum zu erfüllen, dann mach´s !!
Christoph und ich kannten uns für eine solche Reise eigentlich zu wenig, aber ich hatte eine Sicherung eingebaut und ein Rückflugticket nach 2 Wochen in der Tasche, zusammen mit mit meinem Bruder Johannes und Andi , einem südtiroler Freund, die beiden waren dann ja auch 2 Wochen in Kirgistan mit dabei, danach würden wir sehen, wie´s weitergeht. Aber alles entwickelte sich gut, Christoph und ich stellten uns aufeinander ein und wurden ein gutes Team. Unter Christoph´s harter Schale steckt ein feinfühliger Mensch und in schwierigen Situationen ist auf ihn absoluter Verlass.
Es bleibt sicher eine wunderbare Freundschaft, auch nach Abschluß der Reise und auch als Ibo dazukam, in Kayseri, hatte ich nie auch nur einen Moment das Gefühl, das berühmte 3 . Rad am Wagen zu sein.

Damit ist das Wichtigste gesagt:
Es ist ein wichtiger und schöner Abschluß für mich, daß meine geliebte Frau Eve nach Griechenland kommt, um mich „abzuholen“, viel besser als das ursprünglich geplante Heimfliegen, von wo auch immer.
Auf der anderen Seite ist es gut, daß Ibo und Christoph den letzten Teil der Reise gemeinsam zu zweit antreten können. Es ist Christoph´s, bzw. Christoph´s und Ibo´s „ Hoamzua Tour „ und ich habe mich ein Stück weit mit einbringen dürfen.
Dafür bin ich dankbar und wünsche den beiden einen schönen gemeinsamen letzten Teil der Tour und einen wundervollen Abschluß in unserem geliebten und auch schönen Bayern !!!

Franz Bauer

Hier noch einige sehr charakterische Bilder unserer Tour:

Menschliche Begegnungen machten unsere Radreise besonders wertvoll

Einsamkeit und Glück im Bartangtal

Schatten findet sich immer

Noch ein Bruder… in Georgien

Der Blog macht viel Arbeit

Christoph und Ibo – wieder vereint am Mittelmeer radeln