25.07.2019: Berühmte Seidenstraßen-Orte

2019-07-25 7 Von Christoph

Samarkant – Buchara – Tashkent

Was für Namen! Berühmte Seidentraßen-Stationen über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende! In einer Region, die immer und immer wieder von Kriegsherren und ihren Truppen erobert wurden, neue Dynastien entstanden und wieder vernichtet oder zerstört wurden. Sei es nun Alexander d. Große, Amir Timur oder Chinghis Khan, um nur einige geschichtliche Berühmtheiten zu nennen.

Und da Mayer und da Bauer auf deren Spuren! Do schaugt’s gell? Aber wir haben keine Pferde und unterstützende Streitkräfte, wir treten selber.

Nach unseren Regenerierungstagen (vom Radeln und von ziemlich üblen Magenverstimmungen) hatten wir noch einen hohen Gebirgszug zu überqueren, die nördlich von Dushanbe gelegenen Fan-Berge. Bereits mehrfach wurden wir von entgegenkommenden Radlern gewarnt, den Tunnel am Anzob-Pass nicht mit dem Rad zu befahren, zu kritisch und gefährlich sei diese Durchquerung. Doch später dazu mehr.

Zunächst gings mal 60 km und etwa 1200 Hm hinauf in diese Gebirgsregion und für den Anfahrtstag war zelten angesagt. Mit Rotwein und Pasta ließ sich das gut bewerkstelligen, der Zeltplatz war etwas eingezwängt zwischen Straße und Fluss, der knapp unter uns mit lautem Getöse vorbeirauschte.

Der letzte Anstieg war dann relativ kurz, ca. 15 km, aber knackig mit 800 Hm. Leider auch sehr stark befahren von Lastern, die Kohle von der nördlichen Passseite herüber auf die südliche brachten. Zusammen mit dem Fernverkehr, überwiegend PKWs und SUV’s wurde eine brisante Mischung daraus, die vor allem haarsträubende Überholmanöver hervorbrachte.

Es gibt auch zahlreiche Tunnels oder vielmehr neue Lawinenverbauungen… diese sind komplett betonierte Röhren, bis zu einem km lang. Einige davon konnte man noch außen umfahren, die Röhren selbst waren nicht beleuchtet aber kurz genug, dass man ohne größere Gefahr durchfahren konnte.

Dann, kurz vor dem „Tunnel des Grauens“ wie er des öfteren und zurecht genannt wird, versuchten wir geeignete Fahrzeuge anzuhalten um diesen Berg Huckepack und gefahrlos durchqueren zu können.

Da war allerdings wenig Bereitschaft bei vorbeikommenden Sprintern und Pickups zu erkennen, ich bemerkte dann einen Toyota Hilux einer Straßenbaufirma, einige Männer vom Straßenbau diskutierten und vermaßen die Region etwa einen km vor dem Tunnel. Mein Frage, ob der Fahrer dieses Pickups uns wohl durch den Tunnel bringen könnte wurde zunächst abgelehnt. Als ich jedoch erkannte, dass da mehrere Chinesen dabei waren, bin ich mit denen in „Verhandlungen“ eingetreten und habe sie – mit meiner entsprechenden Fahne mit chinesischem Aufdruck und der absolvierten Strecke von Suzhou bis hierher – sehr für unsere Fahrradtour interessiert. Sie gaben dann gleich eine klare Anweisung und so durften wir aufladen, hievten die Räder komplett mit aufgerüstetem Gepäck auf die Ladefläche und der (tajikische) Fahrer brachte uns die 5 km durch die verqualmte und unbelüftete Röhre. Es gab nur – streckenweise – eine ganz schwache Beleuchtung, die Abblendlichter der Autos konnten kaum für Sicht sorgen und beim Aufblenden sah man nur schwarzes Nichts. Fahrzeuge überholten einander, man sah erst im letzten Moment, ob sich das entgegenkommende Fahrzeug auf der richtigen Spur befindet. Löcher im Boden waren unsichtbar und wären für uns Radler eine miese Falle gewesen…

Mann, hatten wir ein Glück, dass „meine chinesischen Freunde“ da sehr kulant einen Tunnelride veranlassten.

Die Nordseite des Gebirgszuges zeigte zwei Gesichter: Einmal eine fantastische wilde Landschaft, enge Schluchten, vielfarbige Berge, zum anderen aber auch schlimme menschliche Eingriffe, durchlöcherte Flanken, riesige Abraumhalden, viel Staub und unzählige LKW’s, die hier Kohle oder sonstige wertvolle Mineralien oder Bodenschätze transportieren, die vermutlich Richtung China gekarrt werden.

So schauten wir, dass wir diese Region schnell hinter uns ließen. 1000 Hm weiter unten traf uns dann eine Hitzewand wie ein Schlag. An der Abzweigung zum Iskander See (25 km und 500 Hm auf Schotter) habe ich dann „verzichtet“, diesen Abstecher zu machen. So verlockend es auch war, ich muss mir solche Ausflüge einfach ersparen, der Weg nach Deutschland ist noch weit. Für Franz wars natürlich etwas enttäuschend, er hätte es gerne gemacht.

In einer Kleinstadt namens Ayni fanden wir dann ein Quartier, Erfrischungen und sogar eine kleine Bierkneipe, am nächsten Tag nächtigten wir in Panjakant, schon nahe der usbekischen Grenze. Kurz zuvor wäre eine Seitenstraße zu den „Seven Lakes“ abgezweigt, eine Region die berühmt ist für schöne Wander- und Bergsteigerrouten. Auch hier musste ich Franz einen Korb geben, er muss einfach nochmal hierher kommen, mit Motorrad oder Womo, um solche mit dem Rad zeit- und kraftraubenden Abstecher durchzuführen.

An der Grenze zu Usbekistan wurde es wieder spannend, man hört ja viele Geschichten über korrupte Beamte, extremes Filzen des Gepäckes und zeitaufwändige Grenzübertritte. Nichts dergleichen. Das Prozedere war zwar etwas umständlich, aber die Leute von Immigration Police und Zoll waren freundlich und gut aufgelegt, mehr interessiert an einem Ratsch als daran, uns zu „belästigen“.

Zwischen den Checkpoints schnell umgeflaggt, auch hier stellten wir wieder fest, dass die Landesfahnen supergut ankommen und man spürt förmlich wie den Einheimischen das Herz aufgeht, wenn da jemand mit der Landesflagge daher kommt.

Nachdem wir nur ein Minifrühstück hatten, gabs um halb elf schon eine weitere Pause und wie es der Zufall will, gleich neben einer Halle bzw. beschatteten Kneipe. Kaum waren wir fertig mit unserer Brotzeit, spielte in der Halle „die Musi“ auf und wir wurden wieder mal – was sonst? – zu einer Hochzeit eingeladen bzw. vielmehr mit sanfter Gewalt an einem Tisch hingesetzt.

Heute gabs richtig viel zu essen und auch zu trinken, nein, kein Bier, wenn dann schon was Gscheits, nämlich was der Uzbeke trinkt: Wodka.

Nach etwa einer Stunde waren wir „satt und gsund“ und setzten unseren Weg fort, die letzten 35 km nach Samarkand. Die Stadt war weitläufig und nur langsam wurde die Bebauung dichter. Dann war es soweit, wir durften uns vor der beeindruckenden Kulisse des Registan, einem der berühmtesten Plätze Zentralasiens, die Hände schütteln. Wieder war ein Meilenstein, ein großes Zwischenziel erreicht.

Im Samarkand Travel Inn bezogen wir Quartier, einem kleinen Familienhotel, die Zimmer sind ebenerdig von einem Innenhof zugänglich. Da sonst keine Gäste da waren, bekamen wir sogar zwei Zimmer zum selben Preis.

Der Registan mit seinen weltbekannten drei Madrasen (Koran-Schulen) ist der zentrale Platz in der Stadt. Allerdings sind die früheren Koran-Schulen nicht mehr als solche genutzt, mittlerweile wird der Koran an den Universitäten gelehrt und die früheren Studierzimmer sind heutzutage häufig Souvenirläden. Daneben gibt es noch viele andere Stätten zu besichtigen, eine große Satue von Amir Timur, einem großen Eroberer des 14. Jahrhunderts und auch dessen Mausoleum. Da darf auch der erst kürzlich verstorbene „Staatsgründer“ von Usbekistan, Karamov, nicht zurückstehen. Erst vor kurzem wurde dem 2016 verstorbenen, nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion im Jahr 1991, ersten Präsidenten Usbekistans auch ein prunkvolles Grabmal gebaut.

In den letzten Tagen habe ich gedanklich an einem „neuen Plan“ gearbeitet und diesen mit Franz diskutiert und abgestimmt: Meine Idee ist, Turkmenistan und Iran auszulassen und von Samarkand oder Tashkent direkt nach Tiflis in Georgien zu fliegen um von dort weiter zu radeln. Warum?
Zum einen der großen Hitze wegen, es wurde die letzten Tage immer heißer und sollte sich weiter steigern. Siehe unten…
Im Iran war eh eine „Beschleunigung“ geplant, eine etwa tausend km lange Zugfahrt um den gesamten Zeitplan einhalten zu können. Für mich, um meine Kräfte etwas einzuteilen und nicht zuletzt, um Ibo früher zu treffen und eine längere gemeinsame schöne Zeit zu haben. So ist die Idee jetzt, dass Ibo nach Kayseri in Zentralanatolien kommt und wir gemeinsam Kappadokien besuchen wiedersehen können. Es ist auch eine Erinnerungstour, so wie wir in China unsere Reiseziele abgeklappert haben, so soll uns dieser Teil der Türkei an unsere VW-Bus Tour (Fidelio) im Jahre 1987 erinnern. Dann soll es nicht Richtung Istanbul gehen, wir wollen diesen gewaltigen Ballungsraum vermeiden, sondern weiter Richtung Westen, nach Pamukkale mit seinen Sinterterassen und dann weiter nach Izmir an die Küste. Von dort soll es mit einer Fähre nach Griechenland gehen, um dann wieder auf die geplante Route an der Adriaküste entlang zu kommen.

Franz hatte beabsichtigt bis Istanbul mitzuradeln, dahin wollte Eve, seine Frau kommen. Jetzt soll dieses Zusammentreffen in Izmir stattfinden, kein allzu großer Radlunterschied und das Wiedersehen ist hier wie dort sicher schön.
Wir skippen viele Wüstenkilometer und bekommen dafür weniger aber sicher schönere Berg-Strecken in Georgien.

Diese neue Planung haben wir dann auf dem Weg bzw. in Samarkand fixiert, aber die nächste Seidenstraßenstadt vor Turkmenistan, Buchara, wollten wir auf jeden Fall noch mitnehmen. Auch wenn, wie man in Samarkand sagt, es in Buchara nochmal um 5 Grad heißer ist.

Die 270 km sind wir dann in zwei Tagen „abgeritten“. Am ersten Tag 112 km und am zweiten dann 158 km nach Buchara. Wir sind um sechs bzw. um fünf Uhr morgens losgefahren, aber doch jeweils nachmittags in richtig große Hitze gekommen. Am zweiten Tag waren es etwa 45 Grad im Schatten, laut Thermometer am Rad waren es in der Sonne 57 Grad. Und es gab keinen Schatten….

Das Radeln selbst geht eigentlich schon, der Fahrtwind trocknet den Schweiß, aber er trocknet einen auch total aus. Da hilft nur trinken, trinken, trinken… und unbedingt Schatten um den Kopf.

Die letzten km am zweiten Tag waren dann auch grenzwertig, selbst kalte Kopfduschen aus Wasserschläuchen von Anwohnern konnten die Hitze nur kurzzeitig mildern und wir waren froh, unbeschadet angekommen zu sein.

Diese zwei Tage waren dann eine absolute Bestätigung, dass unser neuer Plan ein „guter“ Plan ist, unter solchen Bedingungen durch Turkmenistan zu hetzen und auch durch große Teile des Irans, wären keine gute Aussicht gewesen. Übrigens, wir hören dann auch oft von vielen „jungen“ Fernradlern dass sie diese oder jene Strecke mit Zug, bus oder Fähren überwunden haben, eigentlich haben wir keinen getroffen und gesprochen der die gesamte Strecke durch Zentralasien komplett gefahren ist.

Buchara unterscheidet sich sehr von Samarkand. Während Samarkand eine moderne Stadt mit vielen Parks und großzügigen Straßen ist, sowie die Sehenswürdigkeiten ziemlich verstreut sind, ist Buchara eine „kleine Museumsstadt“. Alles ist zu Fuß erreichbar, zwar auch modernisiert, aber die alten berühmten Stätten sind so eng zusammen, dass man sich wie zurückversetzt ins Mittelalter fühlen kann….wenn man mal von vielen kleinen modernen Einzelheiten wie die Elektroautos für Kinder absieht, die zischend und blinkend durch die Fussgängerbereiche surren.

Indem die Touristenattraktionen von Buchara eng zusammen sind und dementsprechend auch die Touristengruppen auftreten, hat man aber auch das Gefühl, dass es sich hier doch schon Richtung Massentourismus entwickelt, mit den negativen Begleiterscheinungen wie zum Beispiel die Touris mit höheren Preisen abzuzocken. Nur als Beispiel: Während man in Samarkand Lokale findet, in denen man für ein (gutes) Bier 60 Cent bezahlt, muss man in Buchara in diesen „Touristen-Ballungsräumen“ schon 2 – 3.50 EUR ausgeben. Süäter in Tashkent war der Gipfel-Bierpreis für ein Paulaner Hell (importiert) 11 Euro! Dementsprechend auch beim Essen.

Trotzdem, die Tage waren schön in Buchara, aufgrund der Hitze sind wir nur am Vormittag ein paar Stunden unterwegs, dann wieder am späten Nachmittag bzw. frühen Abend, wenn die Temperaturen etwas nachlassen und das Fotolicht gut wird.

An einem Abend treffen wir noch Rainer, ein 60-jähriger aus Beilngrieß, auf dem Weg von Griechenland über das Pamirgebirge nach Kirgistan. Wir hatten einen netten Ratsch beim Abendessen, wir wünschen Dir weiterhin gutes Radeln und starke Wadeln, Rainer. Die wirst du auf den Pamir gebrauchen können.

Wir haben dann einen passenden Flug von Tashkent, der Hauptstadt Usbekistans, nach Tiflis in Georgien gebucht, nach Tashkent wollten wir mit dem Zug fahren und auch diese Stadt noch besichtigen.

Nachdem wir etwas Gepäck in Samarkand zurückgelassen hatten, mussten wir die Zugstrecke nach Tashkent auf zwei Abschnitte aufteilen. Zweimal ein Gewürge bis wir unser Gepäck auf den Bahnsteigen und schließlich in den Zügen hatten, es gab keine Gepäckwagons, sondern wir mussten alles in die normalen Wagons einladen. Trotzdem verlief alles akzeptabel, besonders auf der Strecke von Samarkand nach Tashkent hatten wir Plätze in einem 1. Klasse-Abteil und einen sehr interessierten Usbeken, der uns Löcher in den Bauch gefragt hat. Aber er war sympatisch und sein Interesse ganz okay, er hat uns auch einiges über Usbekistan erzählt, so dass die Zugfahrt kurzweilig war.

Das ART House Hotel haben wir dann auch schnell gefunden und die Tage hier in Tashkent vergingen schnell. Morgen ist das Kapital Zentralasien zu Ende. Einerseits mit etwas Wehmut, es gäbe noch sooo viel zu sehen, andererseits mit Freude und Zufriedenheit. 3680 geradelte km ab Almaty durch Kasachstan, Kirgistan, Tajikistan und Usbekistan sind schon eine Nummer und wir haben viele Extra-loops eingebaut und besonders Kirgistan sehr intensiv beradelt.

Jetzt geht ein neuer, der dritte Abschnitt los: Georgien/Türkei/Europa: Westlich des Kaspischen Meeres. Man kann sagen, das letzte Drittel… und es sind nur noch ca. 1400 km bis Kayseri in Zentral-Anatolien. Da kommt Ibo wieder dazu. Ein großes Stück und viele Wochen früher als ursprünglich geplant. Das freut mich sehr und wird mir wieder Flügel verleihen auf der Route durch Georgien und die östliche Türkei.

Dann sind es noch gute 3000 km bis „dahoam“.

Auch Franz bastelt an seiner Reunification mit Eve, sie werden sich irgendwo in Izmir oder Griechenalnd treffen und dann gemeinsam mit dem Wohnmobil weiterreisen.

Unsere Route durch Zentralasien:

Hier gehts zur Bildergalerie: In die Wüsten Usbekistans