14.06. – 20.06.: Teil 1: Von Osh nach Karakol (Tajikistan)

2019-07-06 1 Von Christoph

Am 14.06. sind wir in Osh losgeradelt, wir hatten 4500 Hm vor uns, um uns an die Höhe (4000+) im Pamir anzupassen, aber auch genug Zeit dafür, wir konnten nämlich erst ab 20.06. nach Tajikistan einreisen entsprechend dem Datum auf unseren Visa.
Inzwischen waren wir wieder zu dritt, Joachim war aus der Schweiz zu uns gestoßen, und am ersten Tag radelten wir flotte 1400 Hm auf den Chyiyryk-Pass auf 2400 m. Die relativ kurze Abfahrt nach Gulcha – wieder hinunter auf 1600 m – war dann sehr steil (aber keine 30% wie angezeigt) und schon ein erster landschaftlicher Höhepunkt. Gulcha dagegen weniger, mit Mühe konnten wir ein Homestay Hotel finden.
Der nächste Tag sollte uns auf gut 3600 m führen, aber das war an einem Tag (für mich) nicht zu packen. Die Straße führte durch ein superschönes Tal, mal leicht, mal steiler bergauf. Der Gulcha-Fluss hat ganze Arbeit geleistet und teilweise eine tiefe Rinne in das Tal-Profil gegraben. Wir genossen die relativ flache Auffahrt und gegen Abend suchten wir uns einen Zeltplatz. Zunächst noch etwas wählerisch sind wir dann bei einem Gehöft mit etwas Druck vom aufkommenden Schlechtwetter fündig geworden. Die Bauersleute haben auch gleich zugestimmt, als wir um Erlaubnis baten auf ihrem Grund zelten zu dürfen. Für sie war es eine nette Abwechslung, Fremde mal näher sehen zu können, besonders für die beiden Kinder der Familie.
Nachdem uns der Regen am Abend schnell in die Zelte gejagt hatte, war der Morgen umso schöner. Die letzte Etappe nach Sary-Tash war kurz, aber gscheit steil. Bei einer „Bäckerei“ mit dem typischen gemauerten Rundofen im Freien schnappten wir uns noch sechs Stück frisches Brot, von denen wir gleich drei Stück verspeisten. Wir staunten ob der tollen Farben in den Abhängen dieses Gebirgstales, gegen Mittag entschloss ich mich eine Mitfahrgelegenheit zu nutzen, um Franz und Jo nicht zu sehr aufzuhalten, wollten wir doch an diesem Tag noch über die Alay-Bergkette und den Taldyk-Pass (3615 m) nach Sary-Tash.
Nach einiger Zeit hielt ein Klein-Lkw und der Fahrer bestätigte, mich für 1000 Som (12 Eur) nach Sary-Tash zu bringen. Er müsse nur noch seine Familie in seinem Dorf abliefern und sei in 10 Min. wieder zurück.
Daraufhin bereiteten wir alles vor und Jo und Franz gaben mir einiges von ihrem Gepäck, um selbst schneller zu sein. Um keine Zeit zu verlieren, starteten die beiden auch gleich los. Mein „Fahrer“ kam nach 20 min zurück, wir verluden alles, aber nach wenigen Minuten versuchte er mir irgendetwas beizubringen. Ich verstand ihn nicht, merkte aber schnell was passierte. Er hielt bei einem großen Kohlelaster, der vor uns stoppte und ehe ich mich versah wollte der LKW-Fahrer mein Rad auf die leere Ladefläche seines LKW hieven. Diese war rabenschwarz und kohlestaubversifft, das Rad, aber vor allem die Packtaschen wären komplett verschmiert worden. Ich konnte gerade noch dagegen einschreiten und weigerte mich diese „Übergabe“ zu akzeptieren. Nun waren beide sauer und ließen mich auf der Straße stehen….mit meinem Gepäck und den Zeltsäcken von Joachim und Franz. Schöne Bescherung, die beiden waren weg und ich hatte mehr statt weniger Gepäck.
Kopfschüttelnd packte ich alles auf mein Rad und machte mich auf den Weg. Was sonst? Da kam ein holländisches Radlerpärchen den Berg herab und die beiden wunderten sich über mein überladenes Fahrzeug, sie kriegten sich nicht mehr ein vor Lachen über diese Story. Sie hatten auch mit Franz und Joachim gesprochen und wussten, dass ich mit einem Auto folgen wollte und wunderten sich nun dass ich mit Übergewicht strampelte.
Nach etwa 5 km hatte ich dann aber doch Erfolg und konnte alles auf einen Kleinlaster eines Paares aus Sary-Tash laden, die mich die Passhöhe hinauf mitnahmen. Die Abfahrt machte ich dann wieder selbst, um die herrliche Landschaft zu genießen.
In Sary-Tash (3150 m) konnte ich dann Quartier machen, schaute mehrere an und war schon etwas entsetzt über den Level. Schon eingecheckt in einem Family Hostel bin ich dann aber wieder „geflohen“ und konnte doch noch ein schöneres am südlichen Ortsrand finden, das „Pamirextreme-Shamurat“, das von einem jungen Mann namens Shamurat betrieben wird. Shamurat macht auch Führungen, mit Motorrad, als Schitourenführer im Winter und auch als Wanderführer im Sommer. Er wird von seinem Bruder unterstützt, noch, Ende Jule will er heiraten und dann zusammen mit seiner zukünftigen Frau, einer Bau-Ingenieurin, ein „richtiges“ Hotel aufbauen. Die ideale Position hat er dafür.
Die Aussicht von diesem Platz auf die südlich gelegene „weiße Mauer“ des Pamir-Gebirges war einfach phänomenal.
Die nächsten beiden Tage verbrachten wir im Pamir-Extreme und mit zwei Wanderungen auf 3500 und auf 3800 m Höhe zur Höhenanpassung.
Am Tag vor der Weiterreise hatten wir noch eine abendliche Begegnung mit dem Polizeichef der Grenzpolizei von Kirgistan, der mit seiner Gruppe vor einem Einsatz an der chinesischen Grenze auch im Pamir-Extreme übernachtete. Es war ganz lustig, mit denen Wodka zu trinken…und mit einem gemeinsamen Foto kann man ja vielleicht seinen Grenzpolizisten imponieren, falls es an der Grenze zu einem Disput kommen sollte (tat es aber nicht).
Außerdem war auch ein Schweizer Paar aus Zürich da (mit einem Toyota Hilux und Dachzelt), eine schöne Gelegenheit sich über die Strecken auszutauschen, besonders natürlich für Joachim als Ebenfalls-Zürcher.
Am 19.06. zäumten wir wieder auf, wir wussten, dass wir zwei Tage zur Grenze am Kyzyl-Art Pass brauchen. So hatten wir zuerst einen „gemütlichen“ Anfahrtag Richtung Weiße Mauer, passierten die kirgisische (Ausreise)Grenzstation und bauten unser Nachtlager „zwischen den Grenzen“ in einer Höhe von 3600 m auf, eigentlich noch in Kirgistan.

Inzwischen sah die Mauer nicht mehr so unüberwindbar aus, wir waren schon weit zwischen den Bergen und alles war schneefrei. Das Zelten auf einer großen Wiese war problemlos, Wasser holten wir aus einem der vielen Bäche und filterten es. Am Morgen gings dann steil hinauf Richtung Kyzyl-Art Pass, auf dem die Grenze zu Tajikistan verläuft. Die Straße war nicht mehr asphaltiert, sie war teilweise steinig und bestand hauptsächlich aus rotem Lehm,…wehe da muss man bei Regen rauffahren! Aber es war trocken und ein schöner Rückenwind schob sogar etwas an. Hier trafen wir Doris und Klaus, zwei Weltenbummler aus Erlangen, die in einem Nissan Navarra mit Tischer-Wohnkabine unterwegs sind, genau die Ausführung die auch Franz zuhause stehen hat. Da gabs natürlich gleich viel zu erzählen, und es ist auch nicht alltäglich, dass ein 80-jähriger in diesen Ländern unterwegs ist. Die beiden sind wohl auch schon viele Jahrzehnte mit Rädern auf Fernreisen in allen Kontinenten unterwegs gewesen und haben ihre letzte lange Radreise im Alter von 76 Jahren gemacht. Wir tauschten unsere Kontakte aus und versprachen uns in D zu sehen. Wir mussten uns direkt losreißen, hatten ja noch einiges vor heute, nämlich bis Karakol zu kommen. Außerdem war Joachim voraus und machte sich schon Sorgen wo wir denn blieben.
Drei km unterhalb des Passes – bevor es richtig steil wurde – bekamen wir bei einer Familie Milchreis mit Tee und Brot. Hier lungerten auch einige kirgisische Grenzer rum, alle mit einem Gewehr um die Schulter, aber eher mit wenig Disziplin.
Den größeren Teil der drei verbleibenden Km zur Passhöhe musste ich schieben, ich konnte mein Gefährt nicht mehr tretend bewegen. Aber irgendwann kam auch ich oben an, auf 4282 m, der erste große Pass im Pamir war bezwungen.
Das Wetter dort oben war sehr stürmisch und so machten wir voran, noch weiter zu kommen. Die Grenzstation lag dann auch etwa 5 km weiter unten an einer windgeschützten Stelle. Die Kontrolle der Papiere verlief flott und ohne Umstände, plötzlich waren wir in Tajikistan. Umgeflaggt hatte ich schon oben auf dem Pass.
Der weitere Verlauf der Strecke nach Karakol war zunächst eine grobe Schotterpiste, aber der größere Abschnitt war dann doch asphaltiert, auch wenn schon ziemlich ramponiert.
Nach einer Zwischenabfahrt gab es noch einen zweiten Pass zu überqueren, nur ein paar Meter niedriger als der Grenzpass. Hier gingen mir dann wieder die Kräfte und die Luft aus und ich war froh häufig anhalten zu können, um die vielen Murmeltiere zu beobachten und zu fotografieren.
Erschöpft bezogen wir Quartier im Homestay Sadat, einem von zwei oder drei Unterkünften in Karakol am gleichnamigen See auf 3950 m Höhe.
Es waren einige andere Radler da, zwei aus Australien, drei aus dem Baskenland (nicht aus Spanien wie sie betonten) und wir, damit war das Haus auch voll belegt. Es war eine illustre Runde und die Gespräche handelten natürlich von Rad-Erlebnissen rund um die Welt.

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