25.02.2019 Unsere Lieblingsregion Yunnan

2019-02-25 6 Von Christoph

YUNNAN – „Südlich der Wolken“, wie der Provinzname wörtlich übersetzt heißt, aber die auch gängige Übersetzung „Land über den Wolken“, zeigt schon an, da kann es nur sonnig sein.
Gestern haben wir Kunming, die Hauptstadt der Provinz Yunnan, erreicht, nach 3447 km radeln von Suzhou. Man nennt sie „Stadt des ewigen Frühlings“ aufgrund des milden und sonnigen Klimas fast das ganze Jahr über, obwohl sie auf 1900 m Höhe liegt.
Kunming war unser Hauptziel hier im Südwesten und Ibo’s „Pflicht“. Diese hat sie bravurös erfüllt. Mindestens bis hierher sollte und wollte sie dabei sein. Für die „Kür“ nach Lijiang haben wir jetzt noch knapp zwei Wochen Zeit, da können wir die Sonne im „Land über den Wolken“ in vollen Zügen genießen.
Doch wie ging’s weiter nach unserem letzten Ruhetag in Huaxi? Die darauffolgenden Tage waren schwierig, es waren Regen- und Nebeltage, wir mussten mehrere Gebirgszüge überqueren. Da es eh keine Sicht gab, haben wir die Route etwas geändert und sind einen etwas weiteren aber flacheren Weg gefahren. Aber allen Bergen kann man nicht ausweichen und einmal waren wir mit unseren Energievorräten am Ende. Ibo’s Akkus waren leer und meine Beine kraftlos und es war bereits später Nachmittag. Wir standen in einem kleinen Ort und überlegten wie es denn weitergehen könnte. Wie gerufen standen wir neben einem kleinen Hotel, das auch ganz in Ordnung war. Ein zweites Dudong blieb uns also bislang erspart.
Unsere Tagesstationen waren Anshan – Guanling – Beipanjiang – Xingren – Xingyi, ganz im Südwesten von Guizhou.
Nahe Xingren haben wir die 3000 km-Marke erreicht und genau in diesem Moment hat die Sonne den Nebel erfolgreich aufgelöst und uns ein prächtig blühendes Rapsfeld präsentiert. Wie sehr man sich über solche Farben freuen kann.
Noch in Guizhou war Wanfenglin unser Ziel. Übersetzt heißt das „Zehntausendhügelwald“, in dieser Region stehen abertausende der Karsthügel wie sie schon ausgeprägt in der Gegend um Guilin zu finden sind. Dazwischen, farbenprächtig und photogen, sind Rapsfelder und weiße Dörfer wie für Fotographen angeordnet.
Entsprechend ist auch die Infrastruktur mit vielen Hotels, Rundfahrmöglichkeiten mit Elektrocarts und Radlverleihen und Restaurants. Wir haben Quartier bezogen in einem neu erbauten Resort mit Panoramablick auf die Hügelkette. Für 30 Euro das Zimmer, für zwei Personen. Kaum fassbar, dass sich so eine Anlage finanziell tragen kann. Trotzdem war es leer, obwohl jetzt Hochsaison ist. Der Raps blüht nur wenige Wochen und gerade diese Felder sind die Attraktion warum Besucher hierher kommen.
Obwohl wir an diesem Tag schon 70 km hierher geradelt sind haben wir uns nach dem Einchecken – jetzt ohne Gepäck – gleich noch aufgemacht und sind 30 km durch diese blühende Landschaft gefahren.
Schaut euch die Bilder an.
Ähnliche Motive dann am nächsten Tag, 90 km weiter, nahe dem Ort Luoping. Dieser befindet sich bereits in Yunnan. Noch vor Erreichen des Ortes radelten wir auf Kopfsteinpflaster durch die Rapsfelder und trotz der vielen km in den Beinen, stieg ich beschwingt die 726 Stufen auf einen der Hügel mit einer besonders prächtigen Aussicht. Danach gings noch ca 15 km auf glatter Straße abwärts nach Luoping, ein Genuss wie eine Tiefschneeabfahrt .

Luoping – Shizong – Shilin: Zwei Fahrtage ohne besondere Höhepunkte, aber in herrlichen Landschaften, manchmal Flusstäler entlang, dann über Gebirgspässe in weitere Täler. In den meisten Orten treffen Welten aufeinander. Die Menschen befördern Lasten mit kleinen Wägen, gezogen von Wasserbüffeln, die im Trab übrigens eine ganz erstaunliche Geschwindigkeit erreichen. Genauso selbstverständlich summen Elektroautos oder Elektrobusse durch Dörfer und Kleinstädte. Während man in Deutschland eine endlose Diskussion über die Entwicklung, Förderung oder Einsatz dieser neuen Technologien führt, fahren im hintersten China, wo die Menschen ihre Felder „noch“ mit Wasserbüffel bestellen, Elektroautos und auch viele Elektrolieferautos durch die Gegend. Man hat einfach keine Vorbehalte gegenüber etwas Neuem.

Unser nächster Übernachtungsort ist Shilin, übersetzt Steinwald, eine kleine ausgeprägte Variante des Karstgebirges. Auf wenigen Quadratkilometern stehen dichtgedrängt bis zu 80 m hohe Karstfelsen, scharfkantig, bizarr, rauh. Einige davon haben Formen, die an Tiere erinnern, zum Beispiel einem Elefanten oder einem Kamel. Wir waren schon mehrere Male hier, 2013 auch mit Christel und Christoph (Stadel). Der Geographie-Prof war begeistert.
Von Shizong gehts stetig bergauf, zum Teil auf über 2200 m Meereshöhe. Viele km überqueren wir eine Hochebene, die fast wüstenhaft anmutet. Die Erde ist hier wie im gesamten mittleren Teil Yunnans fast ziegelrot und bietet herrliche farbige Kontraste. Wir kommen am späten Nachmittag in Shilin an.
Shilin gilt als eines der zehn bekanntesten Reiseziele Chinas und ist entsprechend überlaufen. Aber diesesmal verzichten wir auf den Trubel. Ich mache nur von außen ein paar Fotos, habe ich doch viele hundert bereits in meinem Archiv.

Dann die letzte Etappe hierher nach Kunming. Mehrfach pendeln wir zwischen 1500 und 2200 m Höhe. Wie die gesamte letzte Woche, ganz ohne Baustellen geht es auch heute nicht, immer wieder kommen wir in staubige Bereiche, in denen der alte Straßenbelag abgefräst und fürs Neubeschichten vorbereitet wird.
Trotzdem, mit einem Hochgefühl, einer gehörigen Portion Stolz und super zufrieden erreichen wir die Stadt des ewigen Frühlings und checken im Hump Hostel ein.
„The Hump“ (der Buckel), so wurde der südöstliche Himalayaausläufer, der sich über den Norden Burmas und Yunnans erstreckt, von den amerikanischen Soldaten genannt, die im zweiten Weltkrieg über eine Luftbrücke von Indien aus die Chinesen um Tschiang-Kei-Tschek in ihrem Kampf gegen die japanischen Besatzer unterstützten. Viele Originalfotos aus dieser Zeit erinnern und glorifizieren diesen geschichtlichen Abschnitt am Rande des Weltgeschehens.
Das „Hump“ war schon einige Male unsere Herberge in Kunming. Nachdem es vorübergehend geschlossen wa, ist es jetzt restauriert und wieder geöffnet. Noch als Hostel, aber mit modernen Zimmern und Barbetrieb. Also nicht wirklich was Weltenbummler wie wir wollen, aber die Eigentümer hatten wohl den Eindruck, das Konzept erneuern zu müssen um mehr Erfolg zu haben. Ob das mit Barbetrieb und westlichen Getränken sowie Liveband besser geht als mit ein paar ausländischen Rucksacktouristen, die auch noch sparen müssen? Letzteres ist wohl für diese zentrale Stadtlage nicht mehr machbar, für ersteres scheint in Kunming das Publikum zu fehlen. Die beiden Tage hier war jedenfalls nichts los.
Aber wir schätzen die Lage in der Stadtmitte, die wunderschöne Terrasse im dritten Stock inmitten von Hochhäusern, und trotzdem hat man (fast) das Gefühl in einem Biergarten zu sitzen.
Hier ist es Zeit und vor allem der Ort günstig für einen Radl-Ruhetag. Trotzdem fallen einige Erledigungen an: Neue Bremsbeläge für Ibo’s Radl, ich nehme mir auch Reservebeläge mit und wir ergänzen unsere Kleidung mit ein paar neuen Teilen im Decathlon Sportladen.
Der Höhepunkt aber ist das Mittagessen im Lenbach Restaurant. Das ist die Kunming Niederlassung einer Restaurantkette eines Chinesen, die Lokale bieten bayerische Kost und Bier, an den Wänden hängen Fußball-Bilder von den Bayern und an der Decke die blauweiße Raute: Vom Weihenstephaner bis zum Erdinger, vom Maxlrainer bis Bamberger Schlänkerla. Da kommt man schon ins Staunen und … Schlecken. Das Lenbach war in Suzhou schon unsere Stammkneipe, der Besuch im Lenbach Kunming daher ein „Muss“.
Die Brezen sind a bissl teigig, aber es sind Brezn, und die Schweinshaxn sucht seinesgleichen… sogar in Bayern. Schauts euch die Bilder an.

Hier gehts zur Bildergalerie: Land ueber den Wolken